(pd) Der Regierungsrat will im Kanton Aargau ein bedarfsgerechtes, integriertes, digital-vernetztes, qualitativ hochstehendes, innovatives und finanzierbares Gesundheitswesen für alle Altersgruppen gewährleisten. Dazu hat er die Gesundheitspolitische Gesamtplanung (GGpl 2030) zur Anhörung freigegeben.
Nach 2005 und 2010 liegt die dritte Auflage der Gesundheitspolitischen Gesamtplanung (GGpl) des Kantons Aargau vor. Ziel der GGpl 2030 ist es, aus der Vielzahl der bestehenden Trends zentrale Strategien abzuleiten, die für das aargauische Gesundheitssystem relevant sind. Die GGpl 2030 enthält 25 Ziele und 81 Strategien. Die Anhörung zur GGpl 2030 dauert bis am 25. November. Die Anhörungsunterlagen sind unter www.ag.ch/anhörungen verfügbar.
Megatrends im Gesundheitswesen
Die höhere Lebenserwartung und die verhältnismässig niedrige Geburtenrate führen zu demografischen Veränderungen, die sich in der zunehmenden Anzahl älterer Menschen mit Mehrfach- oder chronischen Erkrankungen niederschlagen. Der medizinisch-technische Fortschritt bringt bessere Therapiemöglichkeiten, die die Lebenserwartung erhöhen, gleichzeitig jedoch auch die Nachfrage nach Gesundheitsleistungen steigern. Die Digitalisierung eröffnet neue Wege in Diagnostik und Therapie. Auch Wege gegen den Fachkräftemangel und seine Auswirkungen zeigt die GGpl 2030 auf. Weiter befasst sie sich mit weiteren Megatrends und nimmt eine thematische Auslegeordnung für verschiedene Handlungsfelder vor.
Ziele und Strategien der GGpl 2030
Die 81 Strategien und 25 Ziele betreffen verschiedene Querschnitts- und Fachthemen wie die strategische Ausrichtung der ambulanten Versorgung, die Spital- und Notfallversorgung, das Rettungswesen und die Langzeit- und Spitexversorgung. Auch die Themen Kostendämpfung, Eigentümerschaft von Kantonsspitälern und Gesundheitsförderung sind Teile der GGpl 2030.
Wichtige Strategien der GGpl 2030
• Integrierte Versorgung: Die Vernetzung der Leistungserbringer und die Förderung der Durchgängigkeit im Behandlungsprozess werden angesichts der Leistungsfragmentierung, der steigenden Kosten, der Überalterung der Bevölkerung oder der Zunahme chronischer und Mehrfacherkrankungen immer bedeutender. Das Ziel sind qualitativ bessere Behandlungsergebnisse und Kosteneinsparungen durch Effizienzsteigerung. Mit Kooperationsmodellen innerhalb von neu zu bildenden Versorgungsregionen, interprofessionellen und interdisziplinären Ansätzen sowie einem gezielten Case- und Austrittsmanagement soll die integrierte Versorgung gefördert werden.
• Fachkräfte: Der Fachkräftemangel betrifft verschiedene Berufsgruppen im Gesundheitswesen. Die knappe personelle Situation der Pflegefachkräfte resultiert zum einen aus der Zunahme von Leistungen und zum anderen aus der tiefen Verweildauer in den Pflegeberufen. In der Grundversorgung führen der fortlaufende Anstieg der Lebenserwartung sowie die bevorstehende Pensionierungswelle der praktizierenden Hausärztinnen und Hausärzte sowie der Trend zu mehr Teilzeitarbeit dazu, dass es schwierig geworden ist, die Nachfolge für eine Hausarztpraxis zu regeln. Besonders betroffen von der Personalknappheit sind auch die Psychiaterinnen und Psychiater im Kinder- und Jugendbereich. Zwar konnten die Ausbildungsabschlüsse von nicht-universitären Fachkräften – auch dank der kantonalen Ausbildungsverpflichtung – in den letzten Jahren gesteigert werden, doch besteht weiterhin Handlungsbedarf. Mit der besseren Vereinbarkeit von Beruf und Familie, einer guten Einarbeitung (zum Beispiel mit Mentoring-Modellen) oder einer verbesserten Laufbahnplanung können die Leistungserbringer einen Beitrag zu einer längeren Verweildauer im Beruf leisten. Auch eine kantonale Ausbildungsverpflichtung im universitären Bereich wird geprüft. Gesundheitsberufen aller Ausbildungsstufen sollen attraktive Berufs-, Aus- und Weiterbildungsperspektiven geboten werden. Die Bildungsinfrastruktur im Kanton Aargau soll so ausgestaltet sein, dass sie für kantonal, aber auch ausserkantonal wohnhafte Ausbildungsinteressierte ein wettbewerbsfähiges Bildungsangebot sicherstellen kann.
• Regional integrierte Versorgung; Versorgungsregionen: Der Pflege- und Betreuungsbedarf steigt aufgrund der demografischen Entwicklung an. Eine geplante und koordinierte Zusammenarbeit aller Versorgungspartner stellt sicher, dass Patientinnen und Patienten bedarfsgerecht und qualitativ hochstehend betreut werden. Dies kann über neu zu bildende Versorgungsregionen erreicht werden. Wichtige Versorgungspartner in der Pflege sind Angehörige und Freiwillige. Die Freiwilligen- und Angehörigenarbeit ist deshalb über Anreize zu stärken und weiterhin attraktiv zu gestalten.
• Rettungswesen: Damit in Zukunft die Versorgungssicherheit im Bereich Rettung sichergestellt ist, wird das Departement Gesundheit und Soziales (DGS) eine Standort- und Potenzialanalyse durchführen. Basierend auf dieser Analyse definiert das DGS eine Anzahl Standorte für den Rettungsdienst. Die Standorte und Einsatzgebiete sollen in einem Bewerbungsverfahren an die Rettungsdienste vergeben werden. Um die Neutralität gegenüber den angeschlossenen Rettungsdiensten zu gewährleisten, soll die Sanitätsnotrufzentrale (SNZ) 144 in die kantonale Verwaltung integriert werden.
• Hausarzt- und Notfallversorgung: Ziel der hausärztlichen Notfallversorgung ist es, Personen in Notsituationen jederzeit ärztliche Notfallbehandlungen zukommen zu lassen, insbesondere bei Fehlen einer Hausärztin oder eines Hausarztes. Vor dem Hintergrund der demografischen Entwicklung und der Altersstruktur der Hausärztinnen und Hausärzte manifestiert sich im Kanton Aargau bereits heute ein Versorgungsengpass. Die Versorgungsdichte des ambulanten Bereichs ist im Kanton Aargau im gesamtschweizerischen Vergleich unterdurchschnittlich. Die hausärztliche Notfallversorgung soll in Zukunft überverschiedene Leistungserbringer sichergestellt werden. Die niedergelassene Ärzteschaft, ambulante ärztliche Einrichtungen sowie akutsomatische Spitäler mit vorgelagerten hausärztlichen Notfallpraxen sollen dabei Synergien nutzen und es sollen gesundheitsbehördliche Aufgaben erfüllt werden.
• Regionalspitäler: Komplex-spezialisierte Leistungen sollen aus Gründen der Wirtschaftlichkeit und Qualität vermehrt fokussiert an ausgewählten Standorten erbracht werden. Dadurch erhöhen sich die Fallzahlen, was eine höhere Behandlungsqualität zur Folge hat. Leistungsbereiche der hochspezialisierten Medizin, die mengenkritisch sind, sollen höchstens an einem Standort angeboten werden. Interdisziplinäre Regionalspitalzentren sorgen für die erweiterte ambulante und stationäre Grundversorgung.